Das zuvor beschriebene Modell der Auftragsaufzeichnung und
Auftragsüberwachung stößt in der Praxis auf zahllose Schwierigkeiten, weshalb das
System über etliche Einrichtungen verfügt, um die Aufzeichnungen an die betrieblichen
Erfordernisse anpassen zu können. Prinzipiell ist es
wünschenswert, alle Vorgänge im Unternehmen aufzuzeichnen. Es wird aber etwa in einer
Autofabrik mit 30.000 Beschäftigten kaum sinnvoll sein, die Montage jedes einzelnen
Rückspiegels gesondert aufzuzeichnen. In diesem Fall wäre der Aufwand für die
Aufzeichnungen möglicherweise höher als die Produktionsleistung. Außerdem wird das
Autowerk ohnehin über ein Produktionssteuerungssystem verfügen, mit dem die Fabrikation
wesentlich besser überwacht werden kann als mit der QS-Software.
Das Interesse gilt auch weniger den Routineaufgaben, die ohnehin
problemlos bewältigt und optimal überwacht werden, als vielmehr der Analyse von
Ausnahmesituationen wie Stehzeiten oder Reparaturaufwand.
Man kann die Aufzeichnungen daher für derartige Aufgabenbereiche
entweder gesammelt aus einem externen System übernehmen oder überhaupt auf gewisse
Teilbereiche - etwa die Regiearbeiten - eingrenzen. Ebenso können die Aufzeichnungen auf
einzelne interessante Vorhaben eingeschränkt werden.
Standardarbeiten |
Ein zweites Problem ergibt sich aus den Standardaufgaben,
die laufend in immer derselben Form abzuwickeln sind, etwa die Verbuchung der
Eingangsrechnungen. Hier ist es natürlich völlig unsinnig, für jede Eingangsrechnung
einen eigenen Auftrag einzurichten. Für derartige Fälle können
Standardaufträge eingerichtet werden, die sich von den normalen nur dadurch
unterscheiden, dass sie keinen Erledigungstermin tragen und nicht für eine einzelne
Aufgabe vorgesehen sind, sondern bei Bedarf immer wieder verwendet werden.
Alle übrigen Informationen entsprechen bei Standardarbeiten denen eines
gewöhnlichen Auftrags: Auch die Verbuchung von Eingangsrechnungen sollte nach einem
definierten Prozess ablaufen, wobei man in diesem Fall wahrscheinlich auf eine
ausführliche Beurteilung der Prozessergebnisse verzichten kann.
Es ist generell diskussionswürdig, ob Routineaufgaben in die
Aufzeichnungen einbezogen werden sollen. Viele Qualitätssicherungsbeauftragte sind
Perfektionisten und daher wenig erfreut, wenn gewisse Teilbereiche ignoriert werden und in
den Aufzeichnungen fehlen. Es würde auch in der Buchhaltung niemandem einfallen, nur
Beträge über einer bestimmten Untergrenze zu buchen und den Rest beim Jahresabschluss
zu
schätzen.
Auch bei solchen Arbeiten ist vielleicht interessant, wie viel
Zeit
dafür aufgewendet werden muss. Zum Beispiel wird man damit bei der Umstellung auf eine
neue EDV-Buchhaltung über ideale Informationen für den Vergleich des Aufwands mit dem
alten und dem neuen System verfügen. |
Arbeiten
ohne Auftrag |
Die Bearbeitung eines Anliegens am Telefon wird
abgewickelt werden müssen, ohne dass zuvor ein Auftrag im System eingerichtet werden
kann. Die Steuerung eines solchen Prozesses kann nur in der Weise
erfolgen, dass die Mitarbeiter durch entsprechende Schulung die Abläufe lernen und bei
Bedarf ohne zusätzliche Informationen richtig abwickeln können. Bestenfalls kann man
durch vorbereitete Checklisten zu häufiger auftretenden Fällen eine gewisse Steuerung
vornehmen. Mitarbeiter mit Computerarbeitsplatz können eventuell auch online
Informationen zur Abwicklung erhalten.
Diese Fälle sind typische Anwendungen für die Ereignisaufzeichnung: Es
passiert etwas, womit man nicht gerechnet hat und worauf man sich nicht vorbereiten
konnte.
Damit ist auch ein zweites Problem gelöst: Alle Tätigkeiten sollten
einem Auftrag zugeordnet sein. Im Fall der Ereignisaufzeichnung kann dies ein
Standardauftrag "Ereignisaufzeichnung" sein, für andere unvermutet auftauchende
Aufgaben (etwa bei einem Notarzt) wird man individuell gestaltete Lösungen schaffen
müssen.
Grundsätzlich sollen keine Arbeiten ohne Auftrag möglich sein, auch
wenn man sich dazu einen Standardauftrag "Arbeiten ohne Aufträge" einrichten
muss. |
Tailoring
des Prozessmodells für einen konkreten Auftrag |
Bei der Übernahme der geplanten Vorgänge vom
Prozess in
den Auftrag können zunächst die im Vorgehensmodell enthaltenen Entscheidungen (wie
"Neukunde?") beantwortet werden, um die für die konkrete Aufgabe nicht in Frage
kommenden Ablaufvarianten gleich gar nicht in den Auftrag zu übernehmen. Daneben
können die einzelnen Schritte für die konkrete Aufgabe modifiziert
werden: Es können jederzeit zusätzliche Vorgänge eingefügt und mit Einschränkungen
die nicht benötigten Schritte gelöscht werden. Die Einschränkung beim Löschen von
Vorgängen besteht darin, dass bei der Definition des Prozesses jene Teilaufgaben markiert
werden können, die bei der Modifikation der Vorgänge im Auftrag nicht gelöscht werden
dürfen. |
|